Baupfusch vermeiden – So kann den häufigsten Baumängeln wirksam vorgebeugt werden
Undichte Fenster. Risse im Mauerwerk. Eine durchfeuchtete Wand im Keller. Wer seine neue Immobilie bezieht, möchte sich nur ungern mit derlei Baumängeln und ihren langfristigen Folgen auseinandersetzen. Doch eine kürzlich an der ETH Zürich abgeschlossene Forschungsstudie kommt zu dem ernüchternden Ergebnis, dass im Schweizer Wohnungsbau durchschnittlich 15 wesentliche Mängel pro Bauprojekt festgestellt werden (Oliver Kriebus, «Baumängel im Schweizer Wohnungsbau», ETH, 2013).
Insgesamt führt dies zu jährlichen Zusatzkosten von rund 1.64 Milliarden Franken. Die häufigsten Mängel finden sich an den ohnehin sensiblen Übergängen zwischen Innen- und Aussenraum, die somit einen verstärkten Gefahrenbereich für weitreichende Folgeschäden an der Bausubstanz darstellen. Neben dem hohen Zeitdruck lassen sich die Baumängel hierbei oftmals auf ein fehlendes Gesamtmanagement während der Planungs- und Bauphase zurückführen. Bereits in diesen frühen Stadien kann einem potenziellen Baumangel also erfolgreich vorgebeugt werden. Um die zukünftige Immobilie schon ab dem ersten Entwurf effektiv vor Baupfusch zu schützen, lohnt es sich deshalb, die folgenden zentralen Punkte zu beachten.
Genaues Arbeiten verhindert oder schränkt Baumängel ein.
Vom Expertenwissen profitieren
Für gewöhnlich besitzen die meisten Menschen nur unzureichende Kenntnisse hinsichtlich der technischen Details und Abläufe eines Bauprojekts. Entscheidend ist es deshalb, bereits zu einem frühen Zeitpunkt externe Experten in das Bauvorhaben miteinzubeziehen.
So können erfahrene Architekten und Bauingenieure mit ihren Kenntnissen helfen, eventuelle Fehler in der Planungsphase und den vorgesehenen Bauprozessen zu lokalisieren.
Dies scheint umso wichtiger in Anbetracht der Tatsache, dass ein Grossteil der Baumängel aus dem hohen Grad an Arbeitsteilung während eines Bauprojekts resultiert. Ein zentraler Stellenwert kommt zudem der Aufsetzung des Bauvertrags zu, der alle Leistungen des Bauvorhabens regelt. Vor der Unterschrift empfiehlt es sich deshalb, diesen von einem Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht prüfen zu lassen.
Gerade für komplexere Bauprojekte sollte darüber hinaus die Beauftragung eines Bautreuhänders erörtert werden. Denn durch seine Erfahrung und Sachkunde agiert dieser als optimaler Vertreter des Bauherrn gegenüber Firmen, Architekten und Behörden. Neben anderen Bauherren bieten Bautreuhänder im Vorfeld des Projekts zugleich eine kompetente und vielseitige Informationsquelle für die Auswahl zuverlässiger und qualitativ hochwertiger Baupartner.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Um Baupfusch frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden, ist eine regelmässige Kontrolle der Planungs- und Bauprozesse unerlässlich. Dies beginnt bereits mit der Ausformulierung des Baubeschriebs innerhalb des Bauvertrags. Denn unklare und unpräzise Vertragsaussagen zählen allgemeinhin zu den häufigsten Gründen für spätere Auseinandersetzungen zwischen dem Bauherrn und seinen Auftragnehmern.
Die einzelnen Leistungen, die Qualität ihrer Ausführungen und eventuelle Garantieansprüche sollten deshalb detailliert und unmissverständlich im Vertragsdokument aufgelistet werden.
Gerne vergessen wird hierbei zudem die Nennung wichtiger Sicherheitsaspekte und Baunormen, die ebenfalls Bestandteil eines umfassenden Bauvertrags sind. Als sinnvolles Instrument zur Kontrolle der eigentlichen Bauprozesse erweist sich zugleich die Vereinbarung einer «Zahlung nach Baufortschritt». In diesem Fall kann der Bauherr jeweils einzelne Arbeitsschritte durch einen Fachmann abnehmen lassen, bevor das Geld an die ausführende Firma entrichtet wird. Auf diese Weise lässt sich das oftmals unbemerkt stattfindende Überbauen von bestehenden Mängeln effektiv verhindern.
Darüber hinaus eröffnet eine solche Vereinbarung dem Bauherrn die besondere Möglichkeit, während der Schlusszahlung bis zu 10 Prozent der Bausumme auf einem Sperrkonto zu deponieren. Sollte nach Abschluss des Projekts ein Baumangel vorhanden sein, dient dieser Betrag als Rückversicherung. Wichtig zu beachten ist jedoch, dass auch eine solche Zahlungsvereinbarung eine rechtliche Grundlage benötigt und somit unbedingt vorab in den jeweiligen Bauvertrag aufgenommen werden muss.
Erhöhte Vorsicht bei der Bauabnahme
Ein besonderes Augenmerk sollten alle Bauherrn auf den Prozess der Bauabnahme richten. Denn diese gilt rechtlich als Beginn der für eventuelle Mängelansprüche geltenden Fristen.
Die Ansetzung einer Bauabnahme bedarf hierbei jedoch einer gesonderten Vereinbarung gemäss SIA-Norm 118, da das Schweizerische Obligationsrecht eine solche nicht standardmässig vorsieht.
Es empfiehlt sich somit, die Anwendung der SIA-Norm 118 vorab vertraglich festzuhalten, um zum gegebenen Zeitpunkt eine Bauabnahme einfordern zu können. Während der Abnahme des Bauprojekts ist zugleich auf weitere Punkte zu achten. So sind Bauunternehmen lediglich dazu angehalten, jene Mängel zu beheben, die während der Bauabnahme ausdrücklich durch den Bauherrn gerügt wurden. Bemerkte Mängel, die keine explizite Rüge erfahren, gelten hingegen als angenommen und müssen nachträglich nicht mehr durch den Auftragnehmer behoben werden.
Generell lohnt sich für die Bauabnahme aus diesen Gründen die Beauftragung eines Spezialisten, der die bestehenden Mängel fachmännisch beurteilt und protokolliert. Sinnvoll ist ausserdem die Durchführung einer Vorabnahme, die Bauherrn und Unternehmen eine einvernehmliche Beseitigung grober Mängel bis zur endgültigen Bauabnahme ermöglicht.
© Autorenteam – Haus-Planen.ch – 22.4.2020