Haus oder Wohnung planen für Menschen mit Behinderung

Wohnungen und Häuser ohne Barrieren: ein Gewinn für alle! Sie wollen ein Haus bauen, eine Wohnung erwerben oder ein altes Gebäude sanieren? Bestimmt haben Sie alle Familienmitglieder eingebunden, die Finanzierung gesichert und moderne Energiesparmöglichkeiten einkalkuliert. Haben Sie auch an die Barrierefreiheit gedacht?

Die meisten Bauherren und -frauen stehen voll im Berufsleben, sind jung und fit, wenn sie Wohneigentum erwerben. Ihr Ziel ist, möglichst bis ans Lebensende in dem Eigenheim leben zu können. Auch wenn es für Sie noch weit entfernt ist, ein hohes Lebensalter bringt nicht selten körperliche oder geistige Beeinträchtigungen mit sich.

Behinderung ist nicht nur Frage des Alters. Ein Unfall auf dem Weg zur Arbeit, im Haushalt oder beim Sport kann ebenso wie eine Erkrankung zu schwerwiegenden Einbussen führen.

Haus oder Wohnung planen für Menschen mit Behinderung .

Haus oder Wohnung planen für Menschen mit Behinderung

Haus oder Wohnung planen für Menschen mit Behinderung.

Vorausschauend planen heisst Barrierefreiheit berücksichtigen!

Wer bereits bei der Planung eines Neubaus oder einer Sanierung an die Barrierefreiheit denkt, kann Kosten sparen. Moderne Technologien und Baustoffe, innovative Hilfsmittel und finanzielle Fördermöglichkeiten stehen in der Schweiz zur Verfügung. Wir haben wichtige Informationen und Tipps für Sie zusammengestellt.

Was heisst eigentlich barrierefrei?

Barrierefreiheit kennzeichnet ein Lebensumfeld, das so gestaltet ist, dass alle Menschen es ohne fremde Hilfe nutzen können. Alle Nutzungsobjekte müssen

  • erreichbar

  • verständlich

  • bedienbar

  • erkennbar

sein.

Barrierefreiheit bildet die Grundlage für behindertengerechtes Wohnen. Sie ist jedoch nicht allein auf behinderte Menschen ausgerichtet, sie schliesst die Funktionseinschränkungen von Senior*innen ein. Wer sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzt, erkennt schnell, dass im barrierefreien Bauen im öffentlichen und im privaten Bereich eine Chance für alle liegt.

Die rechtlichen Grundlagen

Drei Regelungen und Gesetze bilden die wichtigsten rechtlichen Rahmenbedingungen für barrierefreien Wohnraum in der Schweiz:

  • das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG)
  • die Norm SIA 500
  • die DIN 18040-2

Fördermöglichkeiten

Finanzielle Förderung für den Neu- und Umbau von Wohnungen und Eigenheimen ist in der Schweiz auf zwei Ebenen geregelt.

  • Das Eidgenössische Büro für Menschen mit Behinderungen stellt spezielle Fördermittel des Bundes zur Verfügung. Berechtigte können Zuschüsse aus der Invalidenversicherung beantragen.
  • Gleichzeitig haben die Kantone eigene Fördermöglichkeiten für den Um- und Neubau barrierefreien Wohnraumes auf den Weg gebracht. Nutzen Sie die Beratungsangebote in Ihrer Region.

Verschiedene Behinderungsarten, verschiedene Barrieren

Das Spektrum der möglichen Behinderungsarten ist gross. Eine grobe Einteilung hilft, die Bedürfnisse der betroffenen Menschen besser zu erfassen. Besonders bei älteren Personen treten oft mehrere Behinderungsarten gleichzeitig auf.

Körperliche Behinderung ...

…umfasst alle Bewegungseinschränkungen. Häufig sind Schädigungen des Skelettsystems, des Zentralnervensystems oder der Gliedmassen die Ursache.

Geistige Behinderung ...

… beschreibt die unvollständige oder verzögerte Entwicklung geistiger Fähigkeiten. Betroffene haben Probleme bei der Aufnahme oder Verarbeitung von Informationen.

Lernbehinderungen ...

…  kennzeichnen Schwierigkeiten beim Lernen. Lesen, Rechnen und häufig auch das Verbinden verschiedener Informationen fällt den Betroffenen schwer.

Psychische Behinderungen ...

… sind schwer zu erkennen. Oft werden sie spät diagnostiziert. Sie bewirken Veränderungen im Denken, Fühlen, Wahrnehmen und Handeln.

Sinnesbehinderungen ...

… betreffen Einschränkungen des Seh-, Hör-, Tast- und Geruchssinnes der Menschen, die nicht mit Hilfsmitteln ausgeglichen werden können.

Innere Erkrankungen ...

… können Behinderungen darstellen, wenn die Einschränkungen so schwerwiegend sind, dass sie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben dauerhaft verhindern.

Barrierefreie Wohnraumgestaltung: Darauf muss man achten.

Barrierefreie Wohnraumgestaltung: Darauf muss man achten.

Barrierefreie Wohnraumgestaltung: Darauf muss man achten.

Schwerpunkte bei der barrierefreien Wohnraumgestaltung

Der Zugang

  • Wohnungen, in denen Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt wohnen können, müssen stufen- und schwellenlos erreichbar sein.
  • Die Flure müssen so breit dimensioniert sein, dass sie von Bewohner*innen im Rollstuhl oder mit Gehhilfen benutzt werden können.
  • Vor den Türen müssen Bewegungsflächen vorgesehen werden, die das Wenden und Rangieren für Rollstuhlfahrer*innen ermöglichen.

Treppen

  • Gestalten Sie Treppen mit Setzstufen. Im Gegensatz zu offenen Treppen erhöhen Setzstufen die Sicherheit. Sie verhindern das Hängenbleiben mit dem Fuss und lassen sich mit einem Langstock besser ertasten.
  • Beidseitige Handläufe bieten einen sicheren Halt.

Türen

  • Wohnungstüren sollten eine lichte Breite von 85 Zentimetern und eine Höhe von 205 Zentimetern nicht unterschreiten.
  • Türschwellen stellen Barrieren für mobilitätseingeschränkte Personen sowie eine Unfallgefahr für Menschen mit geistigen oder Sinnesbehinderungen dar. Wenn nicht anders möglich, schreibt die DIN 18040-2 eine Höhe von höchstens zwei Zentimetern vor. Der notwendige Wärme- oder Schallschutz kann durch absenkbare Dichtungen erreicht werden.
  • Die Drückerhöhe von 85 Zentimetern ist auf eine gute Bedienbarkeit von Menschen im Rollstuhl ausgerichtet. Das Öffnen und Schliessen muss mit geringem Kraftaufwand möglich sein. Als greifgünstig gelten Türdrücker mit bogen- oder U-förmigen Griffen.

Fenster

  • Fenster sollten für gehbehinderte Personen aus der Sitzposition benutzbar sein. Dafür wird eine Griffhöhe zwischen 85 und 105 Zentimetern empfohlen.
  • Automatische Systeme zum Öffnen und Schliessen des Fensters sind geeignete Alternativen.

Kontraste

  • Kontraste in der Wohnung helfen sehbehinderten Menschen und Personen mit geistigen Einschränkungen enorm. Sehbehinderte können Türen besser auffinden, wenn sich die Oberfläche deutlich von der Wandgestaltung abhebt. In der DIN 18040-2 wird zum Beispiel die dunkle Zarge auf einer hellen Wand als gut erkennbare Variante genannt.
  • Grossflächig verglaste Türen stellen für Kinder, aber auch für Senior*innen und Personen mit geistigen oder Sinnesbehinderungen Gefahren dar. Sicherheitsmarkierungen enthalten helle und dunkle Anteile.

Bodenbeläge

  • Sowohl ausserhalb als auch innerhalb des Gebäudes müssen Bodenbeläge rutschfest ausgestattet sein.
  • Für Rollstuhlfahrer*innen sollten Bodenbeläge glatt und eben sein. Sie dürfen sich durch den Rollstuhl nicht verschieben.
  • Beachten Sie, dass sich die Materialeigenschaften bei Nässe verändern können.
  • Menschen mit Sehbehinderungen können sich leichter orientieren, wenn Bodenbeläge visuell kontrastierend gestaltet werden, sodass sie sich deutlich von Wänden und Türen abheben.

    Hinweis: Spiegelungen können Menschen mit Sehbehinderungen, aber auch geistig oder psychisch beeinträchtigte Personen irritieren. Zusätzliche Beleuchtung erhöht die Sicherheit.

Bedienelemente

  • Bedienelemente sind Bauteile wie Klingelknöpfe oder Lichtschalter. Sie werden mit den Händen oder Fingern bedient.
  • Kontrastierende Gestaltung und taktile Erkennbarkeit erleichtern Menschen mit Sehbeeinträchtigungen die Nutzung. Die Anordnung an der gleichen Stelle in allen Räumen erhöht den Wiedererkennungseffekt.
  • Akustische bzw. Lichtsignale oder die Schalterstellung geben eine Rückmeldung zur Funktion.
  • Achten Sie bei der Planung auf die Erreichbarkeit der Bedienelemente.

Wohn- und Schlafräume

  • Wohnräume sind dann für Personen mit körperlichen Behinderungen gut nutzbar, wenn ausreichend Bewegungsflächen vorhanden sind. Empfohlen werden Rangierflächen von 150 x 150 Zentimetern einmal in jedem Wohnraum sowie Bewegungsflächen mit 150 Zentimeter Tiefe vor Schränken, Sitzgruppen, Tischen.
  • Im Schlafzimmer sollte eine Rangierfläche von 120 x 120 Zentimetern vorhanden sein. An einer Längsseite des Bettes können gehbehinderte Menschen gut einsteigen, wenn eine 120 Zentimeter tiefe Fläche vorhanden ist.
  • Planen Sie vor den Schränken im Schlafraum mindestens 90 Zentimeter ein.
  • Flure in der Wohnung sollten 120 Zentimeter breit sein und eine Rangierfläche enthalten.

Küchen

  • Die geradlinige Anordnung von Spüle, Herd, Kühlschrank und Arbeitsflächen erleichtert behinderten Menschen die Bedienung.
  • Zu berücksichtigen sind Bewegungsflächen von 150 x 150 Zentimetern im Raum und 150 Zentimeter vor der Küchenzeile sowie vor dem Tisch.

Bad und Toilette

  • Die eigenständige Benutzung des Bades und der Toilette hat für jeden Menschen einen enormen Einfluss auf die Lebensqualität.
  • Im seniorengerechten Bad erhöhen schon Haltegriffe und eine ebenerdige Dusche die Sicherheit. Rollstuhlfahrer*innen benötigen zusätzlich ausreichend grosse Bewegungsflächen. Empfohlen werden vor Waschtisch, Dusche, Wanne und WC Bewegungsflächen von 120 x 120 Zentimetern, die sich nach DIN überlagern dürfen.
  • Positionieren Sie den Waschtisch so, dass er mit dem Rollstuhl unterfahrbar ist und die Möglichkeit besteht, einen Hocker zum Waschen aufzustellen.
  • Dusch-Klappsitze und Stützgriffe erhöhen die Sicherheit und den Komfort für ältere, geschwächte und gehbehinderte Personen. Sie sind bei Bedarf nachrüstbar.
  • Badewannen können nachträglich mit einem Lifter als Einstiegshilfe und zusätzlichen Haltegriffen ausgestattet werden.

Fazit

Behindertengerechtes Bauen bildet die Basis für ein selbstbestimmtes Leben behinderter und älterer Menschen. Selbst Familien mit Kindern profitieren davon. Wenn Sie einen Neubau oder Umbau planen, nutzen Sie das Wissen und die Erfahrungen der Fachleute. Viele Einrichtungen der Behindertenhilfe sowie öffentliche Verwaltungen und Fachbetriebe beraten zu den baulichen Möglichkeiten und aktuellen Förderprogrammen.

© haus-planen.ch/Elke S. – 23.11.2021

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