Was geschieht, wenn die effektiven Baukosten die vom Architekten ursprünglich aufgestellte Kosteneinschätzung massiv übersteigen? Inwiefern ist jener an seine Prognose gebunden? Und welche Toleranzwerte gelten sofern vertraglich keine festgelegt wurden?
Eine Kostenschätzung braucht Spielraum
Aufgrund des Prognosecharakters der Berechnungen des Architekten vor der Bauausführung ist dieser nicht angehalten, zu diesem Zeitpunkt absolut genaue Zahlen zu liefern. Doch mit der Kostenschätzung ist die Rechenarbeit des Architekten nicht getan. Er ist dazu verpflichtet, die voraussichtlichen Kosten mit dem Voranschreiten der Bauarbeiten laufend zu korrigieren und so detailliert und exakt wie möglich zu halten. So bleibt die Kostenschätzung also keine rein spekulative Angelegenheit – sie ist vielmehr an konkrete Haftungswirkungen gebunden.
Toleranzgrenze wird vertraglich festgelegt
Durch die Toleranzgrenze wird ein gewisser Spielraum für die Kostenentwicklung abgesteckt. Problematisch wird es dann, wenn eine ausdrückliche Bestimmung dieses Genauigkeitsgrads fehlt. Wenn nur die SIA-Ordnung als Vertragsinhalt vorliegt, so kommt der in der Schweiz als Faustregel geltende Genauigkeitsgrad von +/- 10 % zum Tragen. Die 10 %-Regel ist allgemein anerkannter Standard.
In der Praxis darf aber nicht vergessen werden zu definieren, auf welchen Gegenstand sich die Einschätzung genau bezieht. Sind Teuerung, Mehrwertsteuer und Kreditzinsen etwa in die Kalkulation miteinbezogen oder nicht?
Die Möglichkeit einer Kostenlimite
Die Vertragspartner haben neben der Festlegung einer solchen Toleranzgrenze auch die Möglichkeit, eine Kostenlimite festzulegen. Eine solche Limite gilt selbstverständlich nur dann, wenn sich der Architekt damit vertraglich einverstanden erklärt hat.
Praxisbeispiel Architektenvertrag